Tierwohl statt Heimtierverbot
Fragen und Antworten zur Positivliste

Was ist eine Positivliste?

Im allgemeinen Sprachgebrauch des Heimtiersektors wird unter einer sogenannten Positivliste eine Liste mit solchen Tieren verstanden, deren Haltung, Zucht und Verkauf erlaubt ist. Alle Heimtiere sind demnach zunächst verboten. Eine Positivliste erlaubt im zweiten Schritt eine begrenzte Anzahl von Heimtierarten. Alle Tierfreunde müssen also damit rechnen, dass sie nach Einführung einer Positivliste bestimmte Heimtiere zukünftig nicht mehr halten dürften.

Warum eine Positivliste ein Heimtierverbot bedeutet

Einige NGO‘s unterstützen einen Systemwechsel, bei dem die Heimtierhaltung verboten würde. Es sei denn, es handelte sich um eine Tierart, für die die Haltung in einer Liste ausnahmsweise zugelassen ist. Das Europäische Parlament hat einen Entschließungsantrag 2022/2809(RSP) angenommen, in welchem ein EU-weites Positivlistenkonzept gefordert wird. Zudem hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir im Januar 2023 geäußert, dass er Schlangen und Chamäleons für besonders „anspruchsvoll“ hält: „Warum braucht jemand etwa anspruchsvoll zu haltende, exotische Tiere wie Schlangen oder ein Chamäleon zu Hause? Das habe ich nie verstanden”, sagte der Grünen-Politiker der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft am 19. Januar 2023. Diese Tiere würde er gerne verbieten. Würde das Kriterium „anspruchsvoll“ für die Aufnahme in eine Positivliste zugrunde gelegt, müssten jedoch auch beispielsweise Hunde, Pferde oder Kaninchen verboten werden, weil ihre Haltung auch anspruchsvoll ist.

Warum braucht jemand etwa anspruchsvoll zu haltende, exotische Tiere wie Schlangen oder ein Chamäleon zu Hause? Das habe ich nie verstanden.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir
Die Milchnatter (Lampropeltis t. nelsoni) ist eine gut geeignete Schlange für die Heimtierhaltung.

Mit der Einführung einer Positivliste würde die Heimtierhaltung herabgewürdigt. Denn bislang gilt in Deutschland, dass Heimtierhaltung dem Grunde nach erlaubt ist und Ausdruck des in Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes geschützten Persönlichkeitsrechts ist. Regulierungen mit Hilfe einer sogenannten Negativliste erfolgen aktuell nur dann, wenn Gründe des Artenschutzes, des Tierschutzes oder Seuchenrechts gegen die Heimtierhaltung sprechen.

Einige Tierschutzorganisationen haben ein Gutachten erstellen lassen, welches das Ziel einer Positivliste beschreibt: „Eine Positivliste folgt demgegenüber der umgekehrten Systematik. Sie normiert ein grundsätzliches Verbot mit Ausnahmevorbehalt – die Haltung von „Heimtieren“ ist verboten, es sei denn, es handelt sich um eine Tierart, für die die Haltung in einer Liste ausnahmsweise zugelassen ist.“

Objektive Kriterien kaum möglich

Bisher ist es umstritten, ob überhaupt objektive Kriterien für die Erlaubnis von Heimtieren formuliert werden könnten. Versuche in anderen europäischen Ländern zeigen, dass allgemeingültige, wissenschaftliche Kriterien für die Aufnahme von Tieren auf eine sogenannte Erlaubnisliste/Positivliste nur sehr schwer zu erstellen sind.

Sind exotische Heimtiere eine Belastung für Tierheime?

Viele Tierschützer sind besorgt, dass sogenannte exotische Heimtiere nicht tierschutzgerecht gehalten werden können. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat sich im Januar 2023 aus diesem Grund ebenfalls für eine sogenannte Positivliste ausgesprochen und die Notwendigkeit dieses Instrumentariums begründet mit der aus seiner Sicht anspruchsvollen Haltung von exotischen Heimtieren. Er befürchtete, dass vor allem exotische Tiere die Tierheime vor große Probleme stellten.

Das trifft jedoch nicht zu. Nach wie vor werden in deutschen Tierheimen vor allem Hunde und Katzen abgegeben. Der Tierschutzbund und Tierheime bezeichnen vor allem Hunde als Problem, weil sie in der Pandemie gekauft, nicht richtig erzogen seien und nur schwer weitervermittelt werden könnten - siehe Interview mit Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Allen Tierhaltern kann es passieren, dass sie aufgrund von persönlichen Notlagen ihre Tiere abgeben müssen. Es muss daher Tierheime für alle Arten von Heimtieren geben.

Vor allem Hunde und Katzen in Tierheimen

Eines der europaweit größten Tierheime für exotische Heimtiere ist die Reptilienauffangstation in München. Sie nimmt regelmäßig Exoten auf, für die andere Tierheime keine geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung haben. Dr. Markus Baur, 1. Vorsitzender und Leiter der Reptilienauffangstation München und Fachtierarzt für Reptilien, ist Mitglied in einer Krisenmanagement-Tierheim-Gruppe, die sich über aktuelle Notlagen austauscht. Laut seiner Aussage sind die Abgabewünsche von Terrarientieren wie Schlangen oder Echsen in den vergangenen Jahren weder in seiner Auffangstation noch in anderen Tierheimen der Gruppe gestiegen. 

Warum wäre eine Positivliste kein „einfaches“ Regulierungsinstrument?

Für die Listung erlaubter Heimtiere müssten allgemeingültige, wissenschaftlich basierte Kriterien geschaffen werden.

Objektive Kriterien kaum möglich

Allgemeingültige, wissenschaftliche Kriterien für die Aufnahme von Tieren auf eine sogenannte Erlaubnisliste/Positivliste wären jedoch nur sehr schwer zu erstellen, das zeigen Versuche aus anderen europäischen Ländern.

Jede Tierart müsste evaluiert werden, bevor ihre Aufnahme auf eine Positivliste abgelehnt würde. Konkret müssten Bewertungen für mindestens über 2.000 Heimtierarten durchgeführt werden. Denn der Europäische Gerichtshof hat bezüglich einer belgischen Positivliste in der „Königlichen Verordnung über die Festlegung des Verzeichnisses der Tiere, die gehalten werden dürfen“ vom 7. Dezember 2001 (Belgisch Staatsblad vom 14. Februar 2002, S. 5479)

entschieden, dass

  • Kriterien für die Aufstellung einer solchen Liste und ihre Änderung objektiv und nicht diskriminierend sein dürfen
  • ein Antrag auf Aufnahme einer Art in die Liste der Arten von Säugetieren, die gehalten werden dürfen, von den zuständigen Behörden nur auf der Grundlage einer eingehenden Bewertung des mit der Haltung von Exemplaren der fraglichen Art (…) verbundenen Risikos abgelehnt werden (darf), die anhand der zuverlässigsten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und der neuesten Ergebnisse der internationalen Forschung getroffen wird.

Beispielsweise ist es nicht möglich, wissenschaftlich zu belegen, ob Tiere nachweislich „gut gehalten“ werden. Legt man die Anzahl der Besuche mit kranken Tieren bei Tierärzten zugrunde, wären Hunde und Katzen ungeeignete Heimtiere. Legt man die Anzahl der abgegebenen Tiere im Tierheim zugrunde, dürften ebenfalls keine Hunde und Katzen mehr gehalten werden.

Keine erfolgreiche Evaluation in der Praxis

Zudem hat die Erfahrung mit einer Positivliste in Norwegen gezeigt, dass trotz des Verbots viele Terrarientiere illegal in das Land importiert und gehalten wurden. Die Positivliste wurde wieder abgeschafft. Teilweise landen aufgrund der schwierigen Definition geeigneter Kriterien völlig ungeeignete Heimtiere auf einer Positivliste: So stehen auf der Säugetier-Positivliste der Niederlande, die angeblich 2024 in Kraft treten soll, Wasserbüffel, Lamas, Iltis, Bilche und Wasserrehe! Dafür fehlen beliebte Heimtiere wie Chinchillas, Degus und viele Hamsterarten. 

Agaporniden bzw. Unzertrennliche bleiben ein Leben lang mit ihrem Partner zusammen und pflegen sich gegenseitig. Deshalb heißen sie auf Englisch auch "Lovebirds".

Woher weiß man, ob ein Tier als Heimtier geeignet ist?

Ob ein Mensch zum Heimtier oder ein Heimtier zum Mensch passt, hängt von den Bedürfnissen des Tieres und den Möglichkeiten des Menschen ab. Je nach Biologie der Tiere und im Einzelfall in Abhängigkeit von den Erfahrungen und dem Fachwissen der Halterin oder des Halters, von den finanziellen Möglichkeiten, der Wohnsituationen sowie des zeitlichen Aufwands, der Verfügbarkeit der erforderlichen Futtermittel und Haltungstechnik gelingt die tiergerechte Heimtierhaltung. Bei der Wahl des richtigen Tieres unterstützen Tierärzte, Zoofachhändler, Tierheime und Züchter.

Abhängig von Bedürfnissen des Tieres und den Möglichkeiten des Menschen

Verbote der Tierhaltung sind sinnvoll, wenn das Tier gefährlich ist, nicht tierschutzgerecht gehalten werden kann oder wenn es auf der Liste invasiver Arten von unionsweiter Bedeutung steht. Solche Verbote sind derzeit im Rahmen von Negativlisten-Systemen auf Länder-, Bundes- und EU-Ebene umgesetzt.

Frau mit Hund
Heimtiere wirken sich erwiesenermaßen positiv auf die Gesundheit und Psyche des Menschen aus, wenn die Tiere ihren Bedürfnissen entsprechend versorgt werden.
Foto: blackbirdua / Adobe Stock

Warum wäre es un(ge)recht, die Haltung von Tieren zu verbieten?

Für eine gute Beziehung braucht es Anziehung. Das gilt auch für das Zusammenleben von Tier und Mensch. Viele Tierfreunde beobachten und pflegen aus vivaristischem Interesse lieber Tiere wie Schlangen oder Schildkröten als Hund und Katze. Andere beobachten gerne, wie ein Hamster sein Futter sammelt oder wie Guppies sich fortpflanzen. Es ist diskriminierend und unsozial, bestimmte Tierhalter abzuwerten.

Tier und Mensch müssen zusammenpassen

Heimtiere wirken sich erwiesenermaßen positiv auf die Gesundheit und Psyche des Menschen aus, wenn die Tiere ihren Bedürfnissen entsprechend versorgt werden. Das gilt für Meerschweinchen und Katzen ebenso wie für Zierfische, Reptilien oder Amphibien. Der Zugang zur Heimtierhaltung sollte daher für alle gleichermaßen möglich sein.

Wäre eine Positivliste rechtlich überhaupt zulässig?

Prof. Dr. Dr. Tade Matthias Spranger, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Bonn, kommt in seinem im Juni 2023 veröffentlichten 167 Seiten starken Rechtsgutachten zu einer klaren Einschätzung: Die Einführung einer nationalen Positivliste für Heimtiere, würde umfassend gegen verschiedene Vorgaben des Völker-, Europa- und Verfassungsrechts verstoßen. Würde die Bundesrepublik Deutschland eine nationale Heimtier-Positivliste einführen, so wäre die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens insbesondere durch die Europäische Kommission vorgezeichnet. Auch eine Positivliste auf der Ebene der Europäischen Union wäre nicht mit dem Europarecht vereinbar. „Eine Heimtier-Positivliste ist unabhängig davon europarechtswidrig, ob Urheber einer solchen Liste der deutsche Gesetzgeber oder aber die Europäische Union selbst ist“, verdeutlicht der Rechtsprofessor.

Gutachten zur Heimtier-Positivliste

Gibt es Regulierungen für den Kauf und die Haltung von Heimtieren?

Um den Handel oder die Haltung von Tierarten einzuschränken, sind international und national Rechtsnormen erlassen worden, die auf dem Prinzip der Negativliste basieren.

Beispiele für Negativlisten im Bereich Tierseuchen und invasiver Arten sind das Animal Health Law VO (EU) 2016/429 oder die Unionsliste invasiver Arten, VO (EU) 1143/2014.
Gemäß den Gefahrtierverordnungen in vielen Bundesländern dürfen Tiere, die aufgrund ihrer Größe, Kraft oder ihres Gifts für Menschen gefährlich sind, nur unter strengen Auflagen oder gar nicht gehalten werden. Zu den Vorschriften gehört meistens, dass die Halter nachweisen müssen, dass sie fachkundig und zuverlässig sind.

Negativliste international als Werkzeug anerkannt

Eine Negativliste ist auch die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES): VO (EG) 338/97. Tierfreunde müssen vor der Anschaffung von Terrarientieren oder vielen Vogelarten prüfen, ob das gewünschte Tier unter Artenschutz steht. Für Reptilien- und Vogelarten, die vom Aussterben bedroht und nur mit Ausnahmegenehmigung gehandelt werden dürfen, erhalten Tierhalter vom Fachhandel und von seriösen Züchtern einen Nachweis der legalen Herkunft, die so genannte CITES-Bescheinigung (EU-Vermarktungsgenehmigung). CITES ist die “Convention on International Trade in Endangered Species of wild Fauna and Flora”, auch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) genannt, das die Bundesrepublik und 20 andere Staaten 1973 unterzeichnet haben. Sie wurde von der EU durch Verordnungen in geltendes Recht umgesetzt. In der Datenbank www.wisia.de des Bundesamts für Naturschutz finden Tierhalter Informationen darüber, unter welchen Schutzstatus ein bestimmtes Tier fällt. 

Die EU-Kommission sieht Schwierigkeiten bei der Umstellung der Gesetzgebung auf ein Positivlistensystem: Auf eine Anfrage an das Kabinett „Umwelt, Meere und Fischerei“ der Europäischen Kommission antwortete Virginijus Sinkevičius am 14. Juni 2022, dass der Übergang zu einer Positivliste „eine systemische Änderung sowohl im EU-Recht als auch im internationalen Recht“ wäre und „weitreichende Auswirkungen auf die Umsetzung und Durchsetzung der einschlägigen Verordnungen“ hätte. Die Kommission habe nicht die Absicht, „in diesem Zusammenhang eine restriktive Liste von Wildtierarten vorzuschlagen, die als Heimtiere gehalten werden dürfen“.

Sind domestizierte Tiere die besseren Heimtiere?

Ob Tiere für das Zusammenleben mit Menschen geeignet sind, hängt nicht davon ab, ob sie domestiziert sind, sondern von der Biologie, die die Bedingungen festlegt, unter welchen die Tiere zu halten sind.

So sind Esel (ursprünglich aus Nordafrika) zwar domestiziert und als Nutztiere bzw. Haustiere in menschlicher Obhut zu halten, aber als Heimtiere sind sie in der Regel ungeeignet. Ebensowenig empfehlen Organisationen wie der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe domestizierte Tiere wie Frettchen, Alpakas oder Minischweine (stammt vom Europäischen oder Asiatischen Wildschwein ab) als Heimtiere.

Nicht alle Reptilien sind für ein Leben im Privathaushalt geeignet. Aber Tierarten wie Schlangen und Chamäleons pauschal als Heimtier abzulehnen, wird der Realität und wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht gerecht. So sind zum Beispiel die beliebten ungiftigen Kornnattern (Pantherophis guttatus) oder Nachzuchten des Jemenchamäleos (Chamaeleo calyptratus) durchaus tiergerecht zu haltende Heimtiere.

Der Esel ist domestiziert, als Heimtier aber in der Regel ungeeignet
Foto: Claudio / Adobe Stock

Fachleute sind sich auch nicht immer einig, ab wann ein Tier als domestiziert gelten kann. Der Veränderungsprozess der Domestizierung beginnt bereits mit der Entnahme eines Tieres aus der Natur. Pfeilgiftfrösche, die im Terrarium gehalten werden, sind beispielsweise nicht mehr giftig, weil sie anderes Futter als in der Natur erhalten. Sie sind also sogar als Wildfänge schon zum Teil domestiziert.

Gibt es für domestizierte Tiere abweichende Forderungen an ihre Haltung? Im deutschen Tierschutzgesetz werden für die Tierhaltung moralisch relevante biologische Kriterien herangezogen, nämlich die Vermeidung von Schmerzen, Leiden oder Schäden. Diese Kriterien gelten für alle Tiere, egal ob sie als Futtertiere, Nutztiere, Heimtiere oder Wildtiere tituliert werden etc.

Wildtier-Status ist kein Kriterium

Wenn domestizierte und nichtdomestizierte Tiere unterschiedlich behandelt werden sollten, müsste man ihre Ungleichheit voraussetzen und diese begründen. Die Ethiker und Tierärzte Thomas Richter, Peter Kunzmann, Susanne Hartmann, Thomas Blaha sehen „keine generelle biologische Wildtiereigenschaft (…), die eine Haltung verböte.“ Das heiße aber nicht, dass jede real existierende Wildtierhaltung tierschutzkonform sei, genauso wenig wie jede Haustierhaltung. (vgl. „Wildtiere in Menschenhand Überlegungen zum moralisch-rechtlichen und biologischen Status von Wildtieren“ von Thomas Richter, Peter Kunzmann, Susanne Hartmann, Thomas Blaha. In: Deutsches Tierärzteblatt 11/2012)

Auch die fehlende „Freiheit“ sei aus Sicht der Autorinnen und Autoren kein generelles Hindernis für die Haltung von Wildtieren. Als Beispiel für Unterschiede zwischen Tierarten nennen sie vielmehr das Bewegungsbedürfnis: Pferde, Braunbären und Eisbären hätten ein großes autonomes Bewegungsbedürfnis, Rinder und Habichte dagegen hätten es nicht. Mit ihrem Status als Wildtier habe das jedoch nichts zu tun.

Auch die Fachgruppe Zier‐, Zoo‐ und Wildvögel, Reptilien und Amphibien der deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) hat am 8. März 2014 in einer Resolution erklärt, dass es „keinen ethisch begründbaren und keinen biologisch vorgegebenen Unterschied bezüglich des Tierschutzes zwischen domestizierten Tieren und sogenannten Wildtieren gibt“.

Warum bringt eine Positivliste nicht mehr Tierschutz?

Die Positivliste könnte sich negativ auf den Tier- und Gesundheitsschutz und das biologische Fachwissen auswirken. Sie verhindert nicht den illegalen Handel mit Tieren, behindert jedoch den Artenschutz. Eine Erlaubnisliste würde die Vielfalt in der Heimtierhaltung behindern und kann dazu führen, dass Menschen für sie ungeeignete Heimtiere anschaffen.

Weniger Vielfalt, mehr ungeeignete Heimtiere

Auch in der vom Bundeslandwirtschaftsministerium beauftragten Exopet-Studie ist die Erlaubnisliste als ungeeignetes Instrument zur Verbesserung des Tierwohls identifiziert. Tierschutzprobleme gibt es sowohl bei Exoten als auch bei klassischen Heimtieren (siehe Stellungnahmen der Tierorganisationen). Mit einem Negativlistensystem lassen sich Problemfälle leichter lösen, da Verbote oder Einschränkungen nur für zur Debatte stehende Tierarten ausgesprochen werden müssen. Für eine Positivlisten-Bewertung müssten mindestens 2.000 Heimtierarten wissenschaftlich bewertet werden. Auch die EU verwendet zur Verwirklichung von Tierschutz- und Artenschutzzielen Negativlistensysteme zur Einordnung nach Evidenz und Prüfung. 

Welche Erfahrungen haben andere Länder mit Positivlisten gemacht?

Auch wenn immer wieder pauschal über „Positivlisten“ gesprochen wird, so sind die Regelungen dazu höchst unterschiedlich und nicht pauschal vergleichbar. Von Befürwortern einer Positivliste wird oftmals der falsche Eindruck zu erwecken versucht, als gäbe es bereits vergleichbare Positivlisten in anderen Europäischen Ländern. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ebenso trifft es nicht zu, dass der Europäische Gerichtshof die Einführung einer nationalen Heimtier-Positivlisten „abgesegnet“ habe. Siehe dazu die Ausführungen im Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Tade M. Spranger ab Seite 50 ff.

Unabhängig davon haben Erfahrungen mit sogenannten „Positivlisten“ in anderen europäischen Ländern gezeigt, dass trotz des Verbots viele Tiere illegal in das Land importiert und gehalten wurden.
Zudem landen aufgrund der schwierigen Definition geeigneter Kriterien auch völlig ungeeignete Heimtiere auf einer Positivliste und gut zu haltende Heimtiere fehlen.

Mit Positivliste hohe Dunkelziffer illegaler Tiere

In Norwegen wurde ein Reptilienverbot mit Ausnahme-Positivliste für Reptilien eingeführt, das am 15. August 2017 wieder aufgehoben wurde. Nach dem Reptilienverbot lag die Zahl der legal gehaltenen Tiere bei etwa 1.000 Tieren (LMD 2002-2003). Aufgrund von Umfragen wurde jedoch vermutet, dass es eine große Zahl von illegal importierten und gehaltenen Terrarientieren in Norwegen gab.

Da die Zahl illegal gehaltener Tiere schwer zu ermitteln war, gab die norwegische Direktion für Naturmanagement (DN) bei dem norwegischen Institut für Naturwissenschaften eine Risikobewertung und eine Umfrage unter Informanten in Auftrag. Nach den Schätzungen der Informanten, die sich sowohl auf die Artenliste der DN als auch auf andere Arten bezogen, gab es damals etwa 80 000 Reptilien und Amphibien, wobei die oberste Schätzung bei 150 000 Individuen und die niedrigste Schätzung bei 65 000 lag.

In der Studie der DN wurden zudem Angaben des Zoofachhandels und der Norwegischen Herpetologischen Gesellschaft zitiert: Danach wurden auf der Grundlage des Verkaufs von Ausrüstung und Futter für die Haltung von Reptilien und Amphibien die Zahl der Individuen in Norwegen auf 100.000 geschätzt (NHF 2008; NZB 2009).

Aufgrund der Studie der DN zu illegal gehaltenen Tieren und einer Bewertung der möglichen Auswirkungen einer Legalisierung auf die biologische Vielfalt in Norwegen, kam die norwegische Regierung zu dem Schluss, das Reptilienverbot wieder aufzuheben.

Unglaubwürdig: Jedes Land erlaubt unterschiedliche Tiere

Teilweise landen aufgrund der schwierigen Definition geeigneter Kriterien ungeeignete Tiere als Heimtiere auf einer Positivliste: So stehen auf der Säugetier-Positivliste der Niederlande, die 2024 in Kraft treten soll, Wasserbüffel, Lamas, Iltis, Bilche und Wasserrehe! Dafür fehlen beliebte Heimtiere wie Chinchillas, Degus und viele Hamsterarten. 

Interessant ist auch, dass in Belgien die Regionen Flandern und Wallonien hinsichtlich der Haltung von Reptilienarten jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen gefunden haben. 

Heimtiere sind so vielfältig wie ihre Menschen

Es gibt mindestens 2.000 Heimtierarten

Hand füttert Koi

Wie viele exotische Haustiere gibt es in Deutschland?

Der Duden bezeichnet Menschen, Tiere und Pflanzen aus fernen Ländern als Exoten. Gemäß dieser Definition sind die meisten Heimtiere in Deutschland exotisch. Zu den Exoten zählen demnach die aus Südamerika stammenden Meerschweinchen, die von der Iberischen Halbinsel, aus Südfrankreich und Nordafrika stammenden Kaninchen, die von den Kanaren stammenden Kanarienvögel oder die in Australien heimischen Wellensittiche.

Neben Hund und Katze leben in deutschen Haushalten 4,9 Millionen Kleinsäuger, 3,7 Millionen Ziervögel, ungefähr 1.300 verschiedene Fischarten in 2,3 Millionen Aquarien und 1,4 Millionen Gartenteichen. Außerdem gibt es zahlreiche Reptilien, Amphibien, Insekten, Spinnen und Schlangen in 1,3 Millionen Terrarien.

Insgesamt gibt es in fast jedem zweiten Haushalt Heimtiere. Viele Heimtiere werden nicht als fremdartig wahrgenommen. Unabhängig davon, ob die Tiere objektiv tierschutzgerecht gehalten werden können oder nicht, stehen im Visier einiger Befürworter einer Positivliste vor allem Terrarientiere wie Schlangen, Pfeilgiftfrösche, Chamäleons etc. (Quelle: Der deutsche Heimtiermarkt, ZZF/IVH 2023)

Die überwiegend sehr farbenprächtigen Baumsteigerfrösche (Dendrobatidae) werden auch als Pfeilgiftfrösche bezeichnet. In menschlicher Obhut gezüchtete und gehaltene Exemplare sind allerdings nicht giftig, weil keine giftigen Futtertiere als Nahrung, die zur Metabolisierung anregt, zur Verfügung stehen.

Wie schwer ist die Haltung exotischer Tiere wirklich?

Wir stimmen zu, dass nur wenige Privatpersonen Tiere wie Tiger oder Affen tiergerecht halten können. Aber trifft das auch auf andere exotische Heimtiere wie Hamster, Nymphensittiche oder Schlangen zu? Ob das Zusammenleben von Tieren und Menschen in normalen Privathaushalten gelingt, hängt davon ab, ob die Tiere ihrer Biologie und ihren Bedürfnissen entsprechend gepflegt werden können.

Volker Ennenbach züchtet seit über 40 Jahren Terrarientiere und kennt sich besonders gut mit Fröschen aus. Mehrere zehntausend Tiere züchtet er im Jahr, bevor er sie weitervermittelt.

Reptilienexperte Volker Ennenbach

Selbst Tiere mit komplexen klimatischen Ansprüchen, sind heute mit der entsprechenden Technik und gründlicher Beratung für die Haltung im Privathaushalt geeignet.

Reptilienexperte Volker Ennenbach

Ennenbach weist darauf hin, dass die Terrarientechnik in den letzten 30 Jahren „geradezu Quantensprünge“ gemacht hat, so dass viele Arten, die früher als problematisch galten, heute selbst vom Einsteiger problemlos mit der im Zoofachhandel angebotenen Technik tiergerecht gehalten werden können. Über 95 Prozent der angebotenen Tiere seien heute Nachzuchten, die bereits aus der Terrarienhaltung stammen, so dass eine Eingewöhnungsphase, wie bei Naturentnahmen, entfällt. Unter den Terrarientieren gebe es sehr viele Arten, deren Bedürfnisse Privatpersonen gut erfüllen können. „Selbst Tiere mit komplexen klimatischen Ansprüchen sind heute mit der entsprechenden Technik und gründlicher Beratung für die Haltung im Privathaushalt geeignet“, sagt der Reptilienexperte.

Tiergerechte Haltung von Reptilien gut möglich

Für den Einsteiger in die Schlangenhaltung eignen sich aus seiner Sicht beispielsweise kleinbleibende Riesenschlangen wie z.B. der Königspython oder Kletternattern. Zu den geeigneten Amphibien zählt er viele Schwanz- und Froschlurche. Ein gut ausgestattetes Feuchtterrarium sei für die tiergerechte Haltung unbedingt notwendig. Für Anfänger empfiehlt er verschiedene Laubfrösche, wie beispielsweise den Korallenfinger oder den Höhlenlaubfrosch, die chinesische Rotbauchunke oder auch die große Vielfalt der Pfeilgiftfrösche.

Unter den Echsen nennt er die kleinen Leguanarten und viele Arten der Anolis, Agamen, Geckos und Skinke. Viele nachgezüchtete Chamäleons - wie beispielsweise das Jemen-Chamäleon - werden bei sachkundiger Haltung sogar zutraulich.

Werden Exoten tierschutzgerecht gehalten?

Es gibt einzelne unverantwortliche Haltungen, zum Beispiel von exotischen Heimtieren, über die reißerisch in Medien berichtet wird. Aber es ist nicht schlüssig, dass einige Verfechter der Heimtier-Erlaubnisliste insbesondere Exoten wie Schlangen oder Chamäleons als anspruchsvoll ansehen und verbieten wollen. Generell haben alle Tiere artspezifische Ansprüche, die Tierhalter mit mehr oder weniger Aufwand erfüllen müssen.

Ja, 90 Prozent der Terrarienbesitzer sind gut informiert

Laut einer repräsentativen Skopos-Studie haben sich fast 90 Prozent der Terrarienbesitzer in Deutschland vor dem Kauf sehr genau über die Bedürfnisse ihres Tieres informiert, etwa die Hälfte davon bei fachkundigen Beratern im Zoofachhandel mit Terraristikabteilung. In der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Auftrag gegebenen Exopet-Studie (2015) konnte ebenfalls nicht festgestellt werden, dass die Halter von Terrarientieren weniger Kenntnisse im Umgang mit ihren Haustieren haben als die Halter anderer Tierarten. 

Der Madagaskar-Riesentaggecko (Phelsuma Madagascariensis grandis) ist unter Terrarianern eine äußerst beliebte Reptilienart.
Dr. Markus Baur

Größtenteils haben die Leute Ahnung. Außerdem beraten wir sie, wie sie die Haltung umsetzen können.

Dr. Markus Baur

Dr. Markus Baur, 1. Vorsitzender und Leiter der Reptilienauffangstation München und Fachtierarzt für Reptilien, stellt ebenfalls nicht fest, dass Tierfreunde Terrarientiere spontan und unüberlegt anschaffen oder aufgrund von Überforderung abgeben. „Größtenteils haben die Leute Ahnung. Außerdem beraten wir sie, wie sie die Haltung umsetzen können.“
In einer Podiumsdiskussion zum Thema „Sachkunde in der Heimtierhaltung“ betonte Dr. Cornelia Rossi-Broy, Vorstandsmitglied im Bundesverband der beamteten Tierärzte, dass die Halter von sogenannten Exoten, insbesondere der Terrarientiere, oft versierte Hobbyisten seien: „Ich staune, wie gut im Durchschnitt die Terraristen fachkundig sind“. 

Das Tierwohl im Bereich der Heimtierhaltung sollte dennoch weiter verbessert werden, wir schlagen statt der Positivliste folgende Maßnahmen vor.