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ZZF-Präsident übergibt Bundesminister Özdemir Positionspapier gegen Positivliste
23.01.2023 | Meldung
Im Rahmen der Grünen Woche in Berlin nutzte ZZF-Präsident Norbert Holthenrich die Gelegenheit, ein ZZF-Positionspapier gegen die Einführung einer Positivliste an Bundesminister Cem Özdemir zu übergeben. Özdemir versprach, sich die Argumente des Verbandes anzuschauen.
Das "Positionspapier Positivliste" plädiert für Vielfalt in der Heimtierhaltung und betont, dass der Verband die Positivliste als Regulierungsinstrument ablehnt:
Heimtiere sind in Deutschland ein wichtiger Teil unseres sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens. In fast jedem zweiten Haushalt leben Menschen zusammen mit Katzen, Hunden und exotischen Heimtieren wie Meerschweinchen, Zierfischen oder Wellensittichen (Heimtierzahlen für Deutschland). Der ZZF tritt für eine tierschutzgerechte Zucht, Vermittlung und Haltung von Heimtieren ein. Dabei sind die Sachkunde des Tierhalters und das vielfältige Angebot an möglichen Heimtieren eine Voraussetzung für ein tiergerechtes und verantwortungsbewusstes Zusammenleben mit Tieren in Privathaushalten. Eine Positiv- bzw. Erlaubnisliste würde diese Vielfalt behindern und einen radikalen Bruch mit dem bisherigen Verständnis des Zusammenlebens von Menschen mit Heimtieren in Deutschland darstellen.
Warum wäre eine Positivliste ein Systemwechsel?
Bislang gilt in Deutschland, dass Heimtierhaltung dem Grunde nach erlaubt ist und Ausdruck des in Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes geschützten Persönlichkeitsrechts ist. Mit der Einführung einer Positivliste würde die Haltung von Heimtieren verboten und nur für einzelne Tiere auf der Positivliste gäbe es einen Ausnahmevorbehalt. Damit würde der Eindruck vermittelt, dass Heimtierhaltung im Prinzip etwas Schlechtes sei.
Gründe, die gegen eine Positivliste sprechen
Positivliste gefährdet Tierwohl und Vielfalt in der Heimtierhaltung
- Mit Einführung einer Positivliste würde die Vielfalt der im legalen Handel und im legalen persönlichen Besitz befindlichen Heimtierarten eingeschränkt, aber nicht die mengenmäßige Zucht und Einfuhr einer Art. Das könnte negative Konsequenzen für den Tier- und Gesundheitsschutz haben.
- Es besteht das Risiko, dass eine Positivliste keine für bestimmte Lebens‐ und Wohnsituationen geeignete Tierarten beinhaltet und davon betroffene Heimtierhalter deshalb mit tierschutzrelevanten Konsequenzen auf für sie zwar ungeeignetere aber erlaubte Tierarten ausweichen.
- Eine Positivliste könnte zu unerwünschten Folgen durch den Erwerb aus unkontrollierten Quellen (vgl. illegaler Welpenhandel) und in der Folge zu Tierschutzproblemen bei der Haltung von Heimtieren führen. Tiere, die am Zoofachhandel vorbei und über unprofessionelle Kurierdienste erworben wurden, würden möglicherweise nicht dem Tierarzt vorgestellt.
- Die verantwortungsbewusste private Tierhaltung und Nachzucht gerade auch von in ihren Biotopen durch Eingriffe des Menschen bedrohten Arten trägt zum Artenschutz bei.
Objektive Kriterien fehlen
- Die komplexe Frage, welche Tiere für ein Zusammenleben mit dem Menschen geeignet sind, lässt sich mit dem Instrument der Positivliste nicht beantworten. Sinnvolle allgemeingültige und objektivierbare Kriterien für die Aufnahme von Tierarten in eine Positivliste sind bisher nicht vorhanden, schwer aufzustellen und noch schwerer zu evaluieren. Ob Tiere für das Zusammenleben mit Menschen in normalen Privathaushalten geeignet sind, hängt davon ab, ob sie ihrer Biologie und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden können. Doch wie wären gute Haltungsbedingungen zu definieren? Es besteht die Gefahr einer willkürlichen Diskriminierung.
Positivlisten sind nicht glaubwürdig
- Als Belgien mit den Untersuchungen zur Vorbereitung einer Positivliste für Säugetiere begann, stellte sich heraus, dass Hunde und Kaninchen es wohl nicht auf die Liste schaffen würden. Dies war offensichtlich politisch nicht durchsetzbar, weshalb eine Neubewertung vorgenommen wurde und beide Arten aufgenommen wurden. Das zeigt, dass eine Positivliste nicht notwendigerweise zum Ausdruck bringt, wie anspruchsvoll die Haltung einer Tierart ist.
- Bislang gibt es keinen Beleg, dass die Einführung einer Positivliste den Tierschutz im Heimtierbereich fördern würde.
Verlust von Fachwissen
- Eine Positivliste führt zum Verlust von Wissen im Bereich Artenschutz und Erhaltungszucht. Um die Haltungsansprüche von Tieren zu verstehen und über eine Eignung für die Privathaltung zu entscheiden, müssen erst Erfahrungen in der Haltung und Zucht gesammelt werden. Damit würde es unmöglich gemacht, Tierarten in die Positivliste zu übernehmen.
- Auch das Wissen über die Biologie und Haltungsanforderungen von Heimtieren droht verloren zu gehen. Die Heimtierindustrie hat Fortschritte bei der Entwicklung von Tiernahrung, Gehegen, Aquariumausstattung, Spezialbeleuchtung für Reptilien usw. ermöglicht, weil sie mit Absatzmöglichkeiten in einem heterogenen Heimtiermarkt rechnen konnte.
Schlussfolgerung
Um den Handel oder die Haltung von Tierarten einzuschränken, die vom Aussterben bedroht sind oder die als besonders gefährlich gelten, sind international und national Rechtsnormen erlassen worden, die auf dem Prinzip der Negativliste basieren. Beispiele sind das Animal Health Law VO (EU) 2016/429, die Unionsliste invasiver Arten, VO (EU) 1143/2014, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen: VO (EG) 338/97 oder die Gefahrtierverordnungen der Bundesländer.
Diese Regulierungsinstrumente sind konstruktiv und flexibel. Positivlisten dagegen verbessern nicht das Tierwohl und verhindern nicht den illegalen Handel mit Tieren. Um Menschen, Tier- und Pflanzenarten zu schützen, befürwortet der ZZF daher das Prinzip der Negativliste als zielführend und verhältnismäßig.