Mensch-Tier-Beziehung
Positive Wirkung der Heimtierhaltung

Schon die bloße Anwesenheit eines Tieres fördert das psychische Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen.

In vergangenen Jahrhunderten war den meisten Menschen noch bewusst, dass ein "Tier dem Herze wôl macht" (Walter von der Vogelweide). Bereits im 8. Jahrhundert gab es wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie sich eine intakte Beziehung zu unseren tierischen Freunden positiv auf die psychische und körperliche Gesundheit auswirken kann.

Inzwischen haben Pädagogen, Verhaltensforscher, Soziologen, Gerontologen, Humanmediziner und Psychologen dieses Wissen wieder entdeckt: Studien, Umfragen und objektive Daten zeigen, dass Tierhalter oft weniger Stress empfinden als Menschen ohne Heimtier. Sie gehen seltener zum Arzt und fühlen sich sozial integrierter. Besonders Kinder und Jugendliche scheinen in ihrer kognitiven und sozialen Entwicklung vom Leben mit einem Heimtier zu profitieren und zu einem gesteigerten Bewegungsverhalten angeregt zu werden.

Potenzial für das Gesundheitssystem

Die vielen positiven Wirkungen der Heimtierhaltung stellen ein großes Potenzial für den einzelnen Tierhalter, für die Gesellschaft und sogar für unser Gesundheitssystem dar. Voraussetzung ist, dass Tierfreunde eine gute Beziehung zu ihrem Tier haben, die Tiere nicht gestresst sind und Tierhalter bestimmten Risiken der Heimtierhaltung vorbeugen. Nur wenn sich die Tiere selbst wohlfühlen, können sie Positives für die Gesundheit des Menschen bewirken. So gibt die Diplom-Psychologin Prof. Dr. Andrea Beetz zu bedenken, dass nach ihren Untersuchungen „die positiven Einflüsse von Tieren nur dann wirken, wenn diese artgerecht gehalten werden und Kinder einen vorbildlichen Umgang mit Tieren in der Familie vorgelebt bekommen“.

Auch die Tiere profitieren vom Umgang mit Menschen und suchen zum Teil ihre Nähe. So ist beispielsweise nachgewiesen, dass das Streicheln die Herzfrequenz von Hunden senkt. Über die Beziehung zwischen Mensch und Tier lässt sich noch viel forschen und Heimtieren sollte eine hohe gesellschaftliche Wertschätzung und Dankbarkeit entgegengebracht werden.

Wirkung der Heimtiere während der Corona-Pandemie

Studien aus mehreren Ländern belegen, dass während der Pandemie die Präsenz von Heimtieren vielen Menschen gut getan hat. Einen Überblick über die Studienlage gab Prof. Dr. Andrea Beetz, Präsidentin der International Society for Animal Assisted Therapy (ISAAT), in einem Vortrag auf der Interzoo.digital 2021.

Heimtiere unterstützen die Gesundheit

Ob Heimtierhalter einen besseren allgemeinen Gesundheitszustand als Nicht-Heimtierbesitzer haben, wurde in Studien mehrfach untersucht. Ph.D.James Serpell, Professor für Ethik und Tierschutz, hat die Wirkung der Heimtierhaltung auf Studienteilnehmer untersucht, die gerade ganz neu ein Tier angeschafft haben. Im Vergleich mit der Gesundheit der Gruppe der Nicht-Heimtierbesitzerinnen konnte der Verhaltensbiologe feststellen, dass Menschen, die sich einen Hund oder eine Katze anschafften, in den nächsten zehn Monaten von Verbesserungen in ihrem Gesundheitszustand, ihrem psychischen Wohlbefinden, ihrem Selbstbewusstsein und ihrem wöchentlichen Bewegungsausmaß berichteten.

Die Langzeitauswirkungen der Heimtierhaltung auf die Gesundheit untersuchten Prof. Bruce Headey und Dr. Markus Grabka. In ihrer Studie „Pets and human health in Germany and Australia: National Longitudinal Results“ haben sie den Einfluss auf die Gesundheit gemessen anhand der Häufigkeit der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems bzw. der Arztbesuche. Die Studie basiert auf der Datengrundlage des vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin erhobenen deutschen Sozio-ökonomischen Panels (SOEP).

Laut Headey und Grabka profitieren vor allem die Gruppe der Personen, die ihr Tier schon länger als fünf Jahre besitzen, von Effekten der Heimtierhaltung. Verglichen mit den anderen Gruppen gehen Heimtierhalter am seltensten zum Arzt. Zwischen der subjektiven Gesundheitseinschätzung, Heimtierhaltung und verringerten Arztbesuchen besteht laut den Ergebnissen ein signifikanter Zusammenhang.

Forschungsbedarf zur Mensch-Tier-Beziehung ist hoch

Obwohl inzwischen viele wissenschaftliche Arbeiten über den Effekt der Heimtierhaltung auf die Gesundheit des Menschen erschienen sind, ist der Forschungsbedarf in dem Bereich der Mensch-Tier-Beziehung unverändert hoch. Bei einigen vorhandenen Studien relativieren der Einfluss von soziodemographischen Faktoren die Studienergebnisse. Der ZZF tritt deshalb dafür ein, dass „Heimtierhaltung“ als Indikator für Gesundheit in die europäischen Gesundheitsindikatoren (ECHI) aufgenommen wird, damit die Forschungen über die Auswirkung der Heimtierhaltung auf die Gesundheit weiter vertieft werden können.

„Heimtierhaltung sollte als Indikator für Gesundheit in die europäischen Gesundheitsindikatoren (ECHI) aufgenommen werden, damit die Forschungen über die Auswirkung der Heimtierhaltung auf die Gesundheit weiter vertieft werden können."

Dr. Stefan K. Hetz, ZZF

Patienten mit Heimtieren werden schneller gesund

Eindeutiger sind die Daten zu positiven Wirkungen auf Menschen mit Krankheiten oder neurologischen oder psychischen Störungen. Was heutzutage wissenschaftlicher Standard ist, wurde 1972 per Zufall entdeckt: Die amerikanische Soziologin Erika Friedmann untersuchte die Überlebenschancen von 92 Herzinfarktpatienten nach deren Entlassung aus dem Krankenhaus. Nach ärztlichem Ermessen hatten alle gleich große Chancen. Die Wissenschaftlerin ging davon aus, dass eventuell Anzahl und Intensität sozialer Kontakte einen entscheidenden Einfluss auf die Genese hat. In dem Fragebogen für die Patienten war deshalb eher beiläufig auch die Frage nach Heimtieren enthalten. Das Ergebnis war verblüffend: Patienten mit Heimtieren besitzen signifikant bessere Überlebens- und Rehabilitationschancen. Die Studie offenbarte erstmals den Zusammenhang zwischen Heimtieren und sozialer Integration.

In der Folge hat sich der Therapie-Bereich der "tiergestützten Intervention" entwickelt und auch die entsprechende Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung im therapeutischen Setting vorangetrieben.

Wirkung der Heimtierhaltung

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