ZZF feiert Geburtstag

ZZF-Präsident Norbert Holthenrich spricht zum Jubiläum

Liebe Mitglieder und Freunde der Heimtierbranche!

75 Jahre ZZF – das ist wahrlich ein Grund zum Feiern. Ich freue mich, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und begrüße Sie ganz herzlich zu unserem Jubiläumsabend.

Besonders willkommen heiße ich Prof. Dr. Dr. Markus Schick aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Vielen Dank, dass Sie kurzfristig eingesprungen sind und die Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dr. Nick vertreten, die ihrerseits nun einen Termin für Bundesminister Cem Özdemir wahrnimmt. Wir freuen uns auf Ihre Rede zu unserer Jubiläumsfeier.  

Wir fühlen uns außerdem geehrt, dass uns Frau Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, ein Videogrußwort gesendet hat. Aus der Bundespolitik sind darüber hinaus zahlreiche Bundestagsabgeordnete aus nahezu allen Fraktionen anwesend. Ein herzliches Willkommen! Besonders begrüße ich den berühmten Verhaltensforscher Prof. Dr. Kurt Kotrschal. Ich bin sehr gespannt, was Sie uns in Ihrer Festrede auf den Weg mitgeben werden.

Außerdem sind heute viele Branchenmitglieder anwesend, die den ZZF durch ihre Mitarbeit unterstützen sowie ehemalige Ehrenamtliche. Ich freue mich besonders über die Anwesenheit meines Amtsvorgängers und Ehrenpräsidenten Herbert Bollhöfer. Zahlreiche Repräsentanten befreundeter Verbände, Vereine und Institutionen erweisen uns heute durch ihre Anwesenheit die Ehre. Gemeinsam wirken wir für das Zusammenleben von Mensch und Heimtier unter Wahrung des Tierwohls. Zudem grüße ich sehr herzlich das gesamte Team der ZZF/WZF-Geschäftsstelle mit seinem Geschäftsführer Gordon Bonnet.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Festgäste,

der ZZF und seine Branche sind in den vergangenen 75 Jahren einen bemerkenswerten Weg gegangen. Er handelt von unserem Einsatz für das verantwortliche Zusammenleben mit Heimtieren und der erfolgreichen Entwicklung unseres Marktes. Davon möchte ich heute Abend erzählen und Sie auf eine Zeitreise mitnehmen.

Folgen Sie mir ins Nachkriegsdeutschland, wir schreiben den 28. September 1947. Die Deutschen arbeiten am Aufbau ihrer Wirtschaft. Die ersten Länderparlamente sind gewählt, viele Unternehmen schließen sich bereits zu Verbänden zusammen. Auch der Fachzweig „Zoologische Handlungen“ der Frankfurter Handelskammer lädt zu einem überregionalen Austausch ein. Sowohl Zoofachhändler, als auch Großhändler und Hersteller reisen ins Rhein-Main-Gebiet und gründen gemeinsam eine neue Berufsorganisation – den ZZF.

Auf den ersten Tagesordnungen des Verbandes stehen sowohl praktische als auch politische Themen: Die Normierung von Vogelkäfigen, Mitgliedschaften in Tierschutzvereinen oder die Beratung bei der Novelle des Reichsnaturschutzgesetzes. Es geht kameradschaftlich zu. Man tauscht untereinander Nachzuchten oder fängt gemeinsam Wasserflöhe.

In einem typischen Zoofachmarkt stehen die Inhaber hinter einer Theke. Sie wiegen Sämereien ab oder bringen den Kunden die gewünschten Produkte. Meist führen sie ihre Geschäfte mit viel Idealismus. Zoofachhändler sind Tierhalter und nicht selten stellen sie selbst Heimtiernahrung her. Wer hätte damals gedacht, dass es in wenigen Jahrzehnten Fachmärkte mit bis zu 9.000 qm geben könnte oder dass wir Heimtierbedarf im Wert von rund 6 Milliarden Euro verkaufen – nicht nur im Laden, auch über das Internet? Wer hätte es für möglich gehalten, dass es Physio-Laufbänder oder Ultraschallzahnbürsten für Hunde geben würde. Ganz zu schweigen von probiotischem Zierfischfutter, elektronischen Katzenklappen oder UV-Lampen für Vögel und Reptilien?

Keiner dieser Zoofachhändler der ersten Stunde hatte im Sinn, dass Heimtierhaltung zu einem Wirtschaftsfaktor werden würde, der für ca. 210.000 Arbeitsplätze in Deutschland verantwortlich ist. Damals ahnte auch kein Verbandsmitglied, dass aus einer kleinen Ausstellung während einer Verbandstagung die Weltleitmesse Interzoo entstehen würde.

Die Interzoo war ein wichtiger Meilenstein in unserer Verbandsgeschichte. Als die Messe immer internationaler wurde, folgte im Jahr 1966 der nächste Meilenstein: die Gründung unserer kommerziellen Servicegesellschaft, die Wirtschaftsgemeinschaft Zoologischer Fachbetriebe WZF. Unsere Tochter-GmbH veranstaltet neben der Interzoo in Nürnberg unsere Fachsymposien und Kongresse – zum Beispiel das beliebte ZZF-Forum der Heimtierbranche. Im Auftrag des Umweltministeriums steuert die WZF die Vergabe von Artenschutzkennzeichen.

Außerdem fungiert sie als Verlag unserer Fachzeitschrift zza und führt die vor zwei Jahren gegründete Heimtier Akademie zur Förderung der Aus- und Weiterbildung im Zoofachhandel. Alle diese Projekte stemmt im Wesentlichen unser Geschäftsstellen-Team in Wiesbaden. Aber bis zur Beschäftigung der heute 18 Hauptamtlichen war es noch ein weiter Weg.

Zuvor mussten nach dem Zusammenbruch der DDR und der folgenden Wiedervereinigung zwei unterschiedliche Märkte zueinander finden. Die Kolleginnen und Kollegen im Osten waren zunächst etwas misstrauisch. Aber sie besuchten gerne die Seminare des ZZF über Betriebswirtschaft. Endgültig brach das Eis zwischen Ost und West dann auf der Interzoo 1990.

In diese Zeit fiel auch die Gründung der European Pet Organization (EPO) unter der Federführung des ZZF. Fortan verfolgten wir nicht nur neue Verordnungen oder Gesetze in Deutschland und den Bundesländern, sondern auch die politischen Entwicklungen auf EU-Ebene.

Denn Heimtiere standen damals und stehen auch heute im politischen Geschehen nicht immer ganz oben auf der Agenda. Das ist verständlich, führt aber zuweilen dazu, dass sie bei der Abfassung von Gesetzen nicht mitgedacht werden. Das war beispielsweise bei der Tierschutztransportverordnung oder der Aquakulturrichtline von 2006 der Fall. Aktuell sind die Forderungen zum Handel mit sogenannten Exoten zu nennen: Dass ein unkontrollierter Handel mit Raubkatzen oder Affen nicht artgerecht ist, ist leicht einzusehen. Dass eine Regulierung möglicherweise unbeabsichtigt auch beliebte nachgezüchtete Heimtiere treffen könnte, wird schnell übersehen.

Die Geschichte des Tierschutzes in der Heimtierhaltung ist eng verknüpft mit der Geschichte des ZZF. Als die Heimtiere der Deutschen zu Familienmitgliedern wurden, führte das zu einer besseren Ernährung, Haltung und Pflege der Tiere und damit zu einer höheren Lebenserwartung. Andererseits führte der Heimtierboom Ende der 60er Jahre auch zu Massenimporten von Chamäleons, Schildkröten, Zierfischen und Ziervögeln – und das nicht immer im Sinne des Artenschutzes. Doch nach und nach entstand in der Branche ein Bewusstsein für die Folgen eines unkontrollierten Heimtierhandels.

Unser damaliger Verbandspräsident Emil Haas wurde Mitglied des Beirats beim Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft für die Durchführung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens und Leiter der Tierstation auf dem Frankfurter Flughafen. Der ZZF kaufte im Jahr 1983 ein Naturgelände bei Leverkusen, um es in ein Feuchtbiotop für gefährdete Tier- und Pflanzenarten umzuwandeln. Und Aquarianer und Terrarianer betrieben ihr Hobby zunehmend auch mit dem Ziel der Arterhaltung.

Damit kommen wir zu einem weiteren wichtigen Meilenstein unserer Verbandsgeschichte, den Heidelberger Beschlüssen für den Tierschutz im Zoofachhandel. Unter der Verbandsführung von Herbert Bollhöfer verabschiedeten die Delegierten 1991 konkrete Selbstbeschränkungen. Sie waren sich einig, keine Tiere mehr zu präsentieren, die in Privathaushalten nicht tiergerecht gehalten werden können oder die mittels tierschutzwidriger Fang- und Transportmethoden in den Handel gelangen. Die über die gesetzlichen Vorschriften hinaus gehende Charta unterstützte den tiergerechten, nachhaltigen Fang, die Nachzucht und eine tierschutzgerechte Heimtierhaltung.

Es folgten Listen zu tierschutzwidrigem Zubehör, Checklisten zur Qualitätskontrolle im Zoofachhandel, eine Zusatzqualifikation für Zoofachhändler und die Selbstbeschränkungen der Fachgruppe Heimtierpflege im Salon. Auch die Aufklärung der Tierhalter rückte in den Blick: Ob über eine Kundenzeitschrift, über eine Online-Tierarztpraxis, Ratgeberportale im Internet, Podcasts und YouTube-Filme für Aquarianer – der ZZF informiert gemeinsam mit seinen Mitgliedern seit Jahrzehnten über geeignete Heimtiere, über den Artenschutz, invasive Arten und tiergerechte Haltung.

Wie wichtig das ist, wird uns hier in dieser beeindruckenden Location, dem Museum für Naturkunde Berlin, bewusst. Die Giganten der Vergangenheit machen deutlich, wie fragil das Leben ist. Obwohl sie so unbesiegbar wirken, konnten sie auf unserem Planeten nicht überleben. Das Aussterben von Tierarten ist ja nicht vorbei und nimmt unter dem Einfluss des Menschen leider zu: Umweltschutzverbände sagen, dass täglich etwa 130 Arten von unserem Planeten verschwinden. Das hier ausgestellte Naturerbe mahnt uns, etwas gegen den Klimawandel und die Umweltverschmutzung zu unternehmen, damit die Gesundheit der Tiere, des Menschen und des gesamten Ökosystems in Balance gebracht werden. Gleichzeitig beschäftigt sich das Forschungsmuseum auch mit Neuanfängen und Zukunftsthemen wie Biodiversität, Klimaschutz, Bionik und Gesundheit.

Ebenso verhält es sich mit der Evolution des ZZF:

Auf der Basis unseres Grundsatzprogramms – in dem wir unsere Haltung zum Tierwohl, zum Arten- und Naturschutz formuliert haben – gelang es uns 75 Jahre lang, die Branche durch politische und wirtschaftliche Veränderungen und Umwälzungen zu navigieren. Nachzulesen ist das in unserer Verbandschronik, die von unserem Kommunikationsteam produziert wurde und druckfrisch zu unserer Jubiläumsfeier eingetroffen ist. Jeder von Ihnen erhält heute ein Exemplar, so dass Sie sich ein Bild von der Geschichte des ZZF und des Zoofachhandels machen können.

Doch heute blicken wir nicht nur zurück, sondern feiern auch, dass wir immer wieder Neuland betreten. Denken wir an die Interzoo.digital, die wir im vergangenen Jahr anstelle unserer physischen Interzoo während der Corona-Krise veranstaltet haben. Oder denken wir an den Ausbildungsplatz, den wir erstmals in der Geschäftsstelle geschaffen haben: Seit 1. September bereichert Samara Schmitt das Team in Wiesbaden.

Zu nennen ist auch der Relaunch der ZZF-Website: In modernem Look und mit vielen überarbeiteten Inhalten ging vor wenigen Stunden unsere neue Homepage online. Schauen Sie einmal rein unter zzf.de, es gibt viel zu entdecken. Neues wagen fällt leicht, wenn wir mit der Unterstützung und dem Vertrauen unserer Mitglieder rechnen können. An dieser Stelle bedanke ich mich insbesondere bei unseren aktiven Mitgliedern für Ihr Engagement, für das Einbringen Ihrer Expertise und Ihren Weitblick. Seite an Seite werden wir auch in Zukunft Neues wagen und vieles für die Branche bewegen und dabei unserer Verpflichtung zum Tierwohl treu bleiben.

Meine Damen und Herren,

in 75 Jahren ist einiges in unserer Branche passiert. Manche Höhenflüge, aber immer wieder auch schwere Zeiten, die es durchzustehen galt. Betrachtet man einen so langen Zeitraum in Gänze, so verblassen manche Aufgeregtheiten des Tages und die Bedeutung von Ereignissen relativiert sich doch sehr. Aktuell erleben wir sicherlich eine sehr einschneidende und belastende Phase durch die Gleichzeitigkeit von Pandemie, Krieg in der Ukraine, Wirtschaftskrise und Klimawandel. Das ist mit vielen Härten verbunden und da gibt es auch gar nichts zu beschönigen.

Und doch habe ich die tiefe Zuversicht, dass wir die vielfältigen Begabungen und Kräfte, die in uns Menschen stecken, zum Besseren nutzen werden. Das ist die Aufgabe nicht nur von Politik, sondern von uns allen. Von uns Verbänden, Organisationen, Unternehmerinnen und Unternehmern und der Zivilgesellschaft. Jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten, aber gemeinsam als Gesellschaft. Evolution bedeutet Entwicklung. Und so werden wir uns mit diesen aktuellen Krisen verändern, aber auch entwickeln.

Schließen möchte ich mit einem Zitat der Primatenforscherin Jane Goodall: „Wenn wir Zukunft ernst nehmen, dann müssen wir aufhören, es anderen zu überlassen, sondern selbst aktiv werden.“

In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine inspirierende Jubiläumsfeier und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.